Dienstag, 12. November 2013

Dekadent oder nicht dekadent. Das ist hier die Frage (frei nach W.S.). Das Nøgne Ø Bridge Road Aurora Australis



Nøgne Ø / Bridge Road Aurora Australis

Quadrupel, 11 % Alk., 250ml Flasche, hergestellt in Australien, Norwegen und in der ganzen Welt, von Nøgne ø und Bridge Road Brewers


Wo hören Geschmack und Genuss auf und wo fängt die Dekadenz an? Nach meinem in die Jahre gekommenen Wörterbuch bezeichnet Dekadenz den kulturellen oder sittlichen Verfall, der sich in der übertriebenen Verfeinerung der Sinne und des Geistes äußert. Soweit die akademische Definition.
Allgemein gilt jemand als dekadent, der sich ausschweifend, zügellos, über das normale Maß hinaus verschwenderisch gibt.

An dieser Stelle kommt das Aurora Australis (Südlicht) ins Spiel. Dieses Quadrupel nach belgischer Art wurde im Mai 2012 in der australischen Brauerei Bridge Road Brewers in Beechworth in einer Menge von 4000 Liter gebraut.

Verantwortlich für das Bier zeichnet sich Kjetil Jikiun, einer der beiden Gründer der norwegischen Nøgne ø Brauerei, der sich damals auf Australien-Rundreise befand und mit den Kollegen aus Down Under für die Schaffung dieses Gebräus zusammenarbeitete.

Nach dem Brauvorgang wurde das Quadrupel in Rotweinfässer (!) gefüllt und nach Norwegen verschifft, um ihm durch die Temperaturunterschiede der Klimazonen und in Wechselwirkungen mit den Fässern eine besondere Note zu geben. Man kennt das so ähnlich von bestimmten Aquavit-Marken, die ebenfalls um die Erde verschifft werden.  

Nach der langen Fahrt um die halbe Welt inklusive dem Passieren des Äquators wurde der Inhalt der Fässer in der Nøgne ø Brauerei in Grimstad nochmals vermischt und in Flaschen gefüllt, die nun im Handel erhältlich sind.
Beim Aurora Australis handelt sich also um ein exklusives Bier. Hergestellt in nur geringer Auflage, mit einer besonderen Herkunft und mit wohl einer einmaligen Art der Anreise. Aber trotz dieser beeindruckenden Geschichte ist es doch nur ein Bier.
Es besitzt den typischen säuerlichen Quadrupelgeschmack. Beim Trinken kitzelt es kräftig im Mund, dann zeigen sich eine Menge Eindrücke. Malzsüße, Brot, Holz, auch der Rotwein, oder vielmehr Sherry, Blut, Beeren. 

Alles passt hier! Ein hervorragendes Gebräu, ohne Zweifel! Aber würde es ein Quadrupel aus Grimstad nicht auch tun? Haben die Klimazonen der Erde tatsächlich zur Qualität des Bieres beigetragen? Muss man für ein kleines Geschmackserlebnis, auch ein kleines Vermögen investieren? Und vor allem ist dieser ganze Aufwand, dieser Resourcenverbrauch für ein Bier notwendig?

Die Grenzen sind fließend, aber ich meine, das Aurora Australis gibt sich über das normale Maß hinaus verschwenderisch und stellt auch den Biertrinker ins grelle Licht der Verschwendung und der Zügellosigkeit. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mit dieser Meinung Widerspruch auslöse.

Übrigens geht es auch in die andere Richtung. Zurück in Grimstad hat Kjetil Jikiun ein Quadrupel angerührt, das diesmal in schottischen Malzwhisky-Fässern gefüllt, seine Reise nach Australien angetreten hat. Aus europäischer Sicht ist dieses Bier mit dem Namen Aurora Borealis (Nordlicht) noch exklusiver, denn Flaschen dieser Version werden wir hier auf unserem Kontinent wohl kaum zu sehen bekommen.  





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